CHARTERSTONE : Ich (k)lebe im Spiel

CHARTERSTONE war für mich ein besonderes Erlebnis. Dies lag nicht unbedingt am Spiel selber, sondern an der Gruppenkonstellation, denn unsere Runde bestand neben mir aus zwei Wenigspielern. Ihnen war das Legacy-Prinzip fremd und ich konnte ihre Faszination spüren, als ich die Grundprämisse erklärte: wir kleben Sticker permanent auf das Brett, treffen Entscheidungen für spätere Partien und gestalten eine durchlaufende Geschichte. Das versprach ich ihnen, als ich den Deckel von der Schachtel hob.

Vor der 1.Partie: Regelerläuterungen
Mir wurde eindrücklich vor Augen geführt, wie sehr ich doch schon die Fachidiotenbrille trage.
Ich erklärte, dass wir CHARTERSTONE genau zwölf Mal spielen werden.
=> (erstaunte Gesichter)
Ich erläuterte, dass wir mit Rohstoffen Gebäude bauen und dazu Sticker auf das Spielfeld kleben.
=> (weit aufgerissene Augen)
Ich beschrieb, dass man Arbeiter einsetzt und dadurch Aktionen ausführt.
=> (Kopfkratzen)
Es gelang mir grundsätzlich das Konzept des Arbeitereinsatzmechanismus griffig zu machen. Das Regelbuch war zu diesem Zeitpunkt allerdings wie ein leeres Panini-Album noch unbestickert. Alleine wäre sie wohl im Charterland verloren gewesen, aber ich nahm sie gerne an die Hand.

Während der ersten Partien
Wir starteten also unser Abenteuer und waren zunächst von der atemberaubenden Grafik begeistert. Hier waren Meister am Werk und erzeugten schon dadurch ein „Spielwollen“-Gefühl, auch bei Leuten, die uns nur über die Schulter blickten. Am Anfang spürte ich eine gewisse Überförderung meiner Mitspieler. Die Regeln werden nämlich stetig erweitert und unterbrechen in den ersten Partien den Spielfluss. Da ich selber noch nicht wusste, was noch passieren wird, konnte ich auch keine Strategietipps geben. Nach jeder Partie dürfen sich die Verlierer einen Bonus aussuchen, nur konnte ich keine Auskunft geben, welche in weiterem Spielverlauf nützlich sein werden. Es ergaben sich manchmal unausgewogene Situationen, in denen ein Spieler bereits Zugang zu gewissen Elementen hatte, die ihm zu diesem Zeitpunkt den Gewinn sicherten. Dies wurde zwar später ausgeglichen, den Eindruck

Die mittleren Partien
Hier hatten wir den meisten Spaß. Wir waren nun drin im Spiel, konnten entdecken und genießen. Meine Mitspieler schrieben mir Nachrichten, was sie in der nächsten Partie anders machen wollen, aber sie wurden oft von unvorhergesehenen Wendung überrascht. Der Spielablauf lieferte einige Optionen, doch nicht alle Neuerungen waren dabei thematisch und verwirrten dadurch etwas.

Die letzten Partien
Vom Finale war ich eher enttäuscht. Irgendwie fühlten sich die letzten Partien alle sehr ähnlich an. Ich wählte oft dieselbe Strategie und besetzte die Häuser in meinem Charter immer gleich. Theoretisch könnte ich es am Ende nun weiterspielen – der Aufbau ist gesetzt. Werden wir aber nicht. Der Reiz ist vorbei.

Die Nachschau
CHARTERSTONE fühlt sich an, als würden zu einem Basisspiel nach und nach einzelne Mini-Erweiterungen hinzukommen. Der Legacy-Effekt zündet nicht so recht. Mein Versprechen, eine gemeinsame Geschichte zu erleben, konnte ich nur zum Teil einlösen, denn sie ist doch recht flach, die Entscheidungen oft seicht. Trotzdem sind viele nette Ideen verbaut und wir waren motiviert. Das Spiel verband uns und bereitete uns viele vergnügliche Stunden in vertrauter Runde.
CHARTERSTONE sollte zügig durchgespielt werden, damit langen Unterbrechungen nicht die Regeln vergessen lassen. Übersichtlich ist die Stickerorgie im Regelheft nämlich nicht. Ein geübter Spieler am Tisch wäre hilfreich, um alle Regeln im Blick zu haben und die Organisation der Kartenbox zu übernehmen.

Die Zukunft
Nach unserer letzten Partie schauten mich meine zwei Brettspielneulinge an und fragten mich: „Und was spielen wir zukünftig?“
Ich erwiderte mit einem Lächeln: „Ja, da gibt es was! Lass uns bald QUEENSDALE besiedeln.“