Als Teenager fiel mir in einem Buchladen ein besonderes Werk in die Hände – ein sogenanntes Abenteuerspielbuch. Ich konnte also spielen und musste mich nicht um einen Mitspieler bemühen? Ideal! DER HEXENMEISTER VOM FLAMMENDEN BERG wanderte also in meinen Einkaufskorb und dieses Buch war mein erster Schritt in eine andersartige Fantasywelt. Ich suchte anschließend nach neuen Büchern dieser Art, bei denen meine Entscheidungen den Fortgang der Geschichte beeinflussten. DIE INSEL DER 1000 GEFAHREN und EINSAMER WOLF folgten daraufhin, doch blieb ich bald am PC hängen. Meine Abenteuerlust wurde dort durch die Adventures gestillt: MONKEY ISLAND, DAY OF THE TENTACLE, BAPHOMETS FLUCH zeigten mir weitere Welten auf, die mich faszinierten.
ADVENTURE GAMES schlägt in diese Kerbe und verspricht, dass wir uns in ein Abenteuer der besonderen Art stürzen können. In DAS VERLIES (ab 12 Jahren) erwachen wir ohne Erinnerung in einem Kerker und bei der MONOCHROME AG (ab 16 Jahren) untersuchen wir die mysteriösen Vorgänge in einem Forschungsgebäude. Den Spielen liegt ein Abenteuerbuch bei, durch das die Geschichte erzählt wird und das je nach Entscheidungen der Spielenden unterschiedliche Ereignisse folgen lässt. Bin ich am Zug, stelle ich meine Spielfigur auf einen Ort und lese den entsprechenden Eintrag im Buch oder ich kombiniere Gegenstände, die ich zuvor in Form von Karten gefunden habe. Auch hier prüfe ich anhand des Heftes, ob diese Neuzusammenstellung möglich ist.
Der Untertitel „Entdeckt die Story“ stellt den Kern des Spiels dar. Die Geschichte steht im Vordergrund und das Abenteuerbuch wird nach und nach vorgelesen. Eine App kann alternativ eingesetzt werden, um die Texte von professionellen Sprechern vertont zu hören. ADVENTURE GAMES ermöglicht es, dass ein klassisches Point-and-Click-Adventure zusammen als Gruppe erlebt werden kann. Visuell unterstützt wird diese Erzählung mit hochwertigen Grafiken.
Leider gelingt es ADVENTURE GAMES jedoch nicht, mich vollständig in seinen Bann zu ziehen. Das fängt beim starren Regelkorsett an. Bei DER MONOCHROME AG dürfen wir Gegenstände nur tauschen, wenn wir im gleichen Raum stehen, was sich schon nach kurzer Zeit schlicht nervig anfühlt. Untersuche ich einen Ort, sind die Auswirkungen manchmal schlicht unklar: Verben wie bei Point-and-Click-Adventures gibt es nicht. Stelle ich meine Figur auf ein Fenster, mit dem Willen, nach draußen zu schauen, kann es darin münden, dass ich unvermittelt aus dem Fenster klettere und stürze.
Weniger zu verschmerzen sind die für mich generischen Geschichten. Ich konsumiere sie eher passiv als Zuhörender – es fühlt sich mehr wie ein Hörspiel an, bei dem ich punktuell nach Wahlmöglichkeiten gefragt werde, die sich nicht ausreichend genug auswirken. Das typische Beispiel ist, dass eine neue Raumkarte aufgedeckt wird und einfach nacheinander alle Nummern auf dieser abgeklappert werden und die entsprechenden Texte vorgelesen werden. Ich wäre gerne intensiver beteiligt gewesen oder hätte mich mehr mit meiner Figur identifizieren wollen. In meinen Spielrunden fand ich keine Person, die wirklich gespannt wissen wollte, wie es weitergeht. Vielleicht bin ich auch schon zu sehr Escaperoom-Akteur und damit rätselverwöhnt, doch so stellt sich bei mir das Gefühl ein, ein EXIT- oder UNLOCK-Spiel ohne Rätsel zu spielen.
Während mir aufgrund des einfacheren Regelsystems DAS VERLIES noch etwas besser gefallen hat, muss ich bei DER MONOCHROME AG noch darauf hinweisen, dass sich ein paar Fehler ins Regelheft und ins Abenteuerbuch eingeschlichen haben. Ein beiliegender Missions-Update-Zettel weist darauf hin und in der App sind diese Fehler bereits korrigiert.
ADVENTURE GAMES hat ein Konzept, dass mir mit einer ansprechenderen Geschichte und leicht modifizierten Regeln durchaus hätte gefallen können. Und es sind mir einige Stimmen bekannt, die sich von der Story anstecken lassen konnten. Es ist also gut möglich, dass die nächsten Ableger dieser Reihe meinen Nerv treffen. Bis dahin bleibe ich aber bei meinen Abenteuerbüchern und nostalgischen Point-and-Click-Adventures. Oder ich greife zu HOUSE OF DANGER (leider nur auf Englisch) oder zu ESCAPE TALES aus dem gleichen Verlag, welches es deutlich besser geschafft haben, mich die Geschichte erleben zu lassen.
HOUSE OF DANGER: http://www.krimimaster.de/2018/10/16/house-of-danger-zeitmaschine-in-die-90iger/
ESCAPE TALES: http://www.krimimaster.de/2018/10/23/escape-tales-the-awakening-zeit-fuer-mehr-story/