WERWÖRTER : Ich weiß ein Wort, das Du nicht weißt…

Werwölfe heulen dem brettspielenden Volk aus allen Ecken entgegen. Die erste Begegnung mit den Hundemenschen hatte ich während meines Studiums, denn ich verbrachte viel Zeit als Spielleiter zu WERWÖLFE VOM DÜSTERWALD oder meinem selbst gebastelten WERWOLF-SPIEL. Es hat jedoch zwei große Mankos: es funktioniert nicht mit kleinen Gruppen und die Spielenden scheiden aus und sind zum Zuschauen verbannt. Diverse Ableger nahmen sich dieser Problematik an, wobei THE RESISTANCE und WERWÖLFE VOLLMONDNACHT sich meiner Meinung nach durch besonders gelungene Adaptionen hervortun.

Und immer wenn ich denke, dass sich ein Genre abgespielt hat und nichts mehr Neues hinzugefügt werden kann, werde ich wieder überrascht. Denn WERWÖRTER verleiht dem Konzept einen neuen Twist. Eine App steuert wie beim geistigen Vorgänger VOLLMONDNACHT das Spielgeschehen. So weit, so bekannt. Doch dieses Mal geht es darum, dass die Dorfgemeinschaft ein Zauberwort erraten muss, welches dem Bürgermeister bekannt ist. Er antwortet nur auf JA-NEIN-Fragen und verteilt einen JA- oder NEIN-Marker vor die Fragensteller. Gemeinerweise hat sich ein Werwolf unter die ratenden Bürger gemischt, der das Wort kennt, aber nicht möchte, dass es herausgefunden wird. Er versucht also, Fragen zu stellen, die seine Mitspieler eher in die Irre führen. Es gibt allerdings auch eine Seherin, die ebenfalls das Wort kennt, aber der Dorfgemeinschaft helfen möchte. Sie darf sich jedoch nicht zu auffällig verhalten, damit der Werwolf sie am Ende nicht enttarnt. Nach vier Minuten ist eine Runde zu Ende und es wird abgerechnet – ist das Wort erraten, darf der Werwolf tippen, wer die Seherin war und damit das Spiel doch noch für sich zu entscheiden. Ist das Wort nicht erraten worden, dann darf die Dorfgemeinschaft noch kurz diskutieren und dann für einen Werwolf abstimmen. Enttarnen sie den Werwolf, waren die Bürger letztendlich siegreich.

Bei diversen WERWOLF-SPIELEN ist oftmals das soziale Verhalten der Spielenden das einzige Indiz dafür, wer von den Bürgern als Werwolf gehalten wird. Hier geht es viel weiter, denn ich beurteile die Fragenqualität der Spielenden. Wer stellt welche Frage? Wer sammelt auffällig viele NEIN-Chips vor sich? Wessen Fragen brachten uns in die richtige Richtung? Und wer hat sich gar nicht beteiligt?
Zieht gar der Bürgermeister die Werwolfkarte, drehen sich meine Gedanken nochmals und ich werde misstrauisch. Hat der Bürgermeister vielleicht extra einen schweren Begriff ausgesucht? Hat er alle Fragen passend beantwortet?

Während ich beim klassischen WERWOLF oft eine fast unerträgliche Spannung verspüre, wenn ich der Werwolf bin, fühle ich mich bei WERWÖRTER etwas sicherer. Ich kann agieren und bin nicht einer quasi zufälligen Entscheidung der Meute ausgeliefert. Erkenne ich, dass die Gruppe auf dem völlig falschen Dampfer ist, stelle ich durchaus auch eine gute Frage, um mich noch besser zu tarnen.
Die Begriffe sind in vier Schwierigkeitsgraden eingeteilt, die von leicht bis unmöglich gehen. Und die Bezeichnung der letzten Stufe ist nicht übertrieben. Kleiner Selbsttest gefällig? Tabernakel, Becherlupe, Borretsch, Millenium standen mir bereits alle zur Auswahl.

WERWÖRTER ist prinzipiell eingängig, doch fällt es Anfängern oftmals schwer, die Struktur des Spiels zu durchschauen, wenn der Bürgermeister selber die Werwolfkarte zieht. In diesen Fällen haben ich zum Beginn den Bürgermeister mit einer Bürgerkarte gekoppelt, um dies zu umgehen.

WERWÖLFE hat mich und meine diversen Spielerunden begeistert, denn es setzt an den Grundemotionen Vertrauen und Misstrauen an. Es wird gelacht am Tisch und voller Stolz die Werwolfkarte aufgedeckt, wenn man es geschafft hat, die Gruppe zu täuschen. Die kurze Spieldauer fordert zur sofortigen Revanche auf. Obwohl mir die Ausstattung der englischen Ausgabe noch etwas besser gefällt, ist die deutsche Umsetzung gelungen. Die App ist sehr intuitiv und verständlich programmiert. Ich kann es kaum erwarten, meine Mitspieler als Werwolf wieder in die Irre zu führen. Hoffentlich heule ich aus Versehen nicht.

Da es kaum einen Text ohne LEGACY von mir geben kann, möchte ich noch auf darauf hinweisen, dass es im Englischen ein ULTIMATE WERWOLF LEGACY gibt, bei dem sich eine Dorfgemeinschaft durch mehrere Partien spielt und sich dabei die Resultate der einzelnen Runden auf den weiteren Spielverlauf auswirken. Es hat ein hochwertiges Spielleiterhandbuch, das den Ablauf genau vorgibt und sich an die Spieleranzahl anpasst, jedoch sind mindestens acht Spielende notwendig, weswegen es nur auf meiner Wunschliste gelandet ist.