Ich schaue auf das Spielbrett und bin verwundert. Als ich das letzte Mal am Ganges stand, schwammen darin tote Kühe und er war alles andere als tiefblau. Schön, dass die Brettspiele die Wirklichkeit nicht immer abbilden müssen, sondern wie in Filmen eine idealisierte Version der Realität präsentieren dürfen. Das bunte Spielbrett fängt das Bollywood –Gefühl ein, und wie so manche diese Filme nicht mögen, beschweren sich auch einige Augen, dass das Brett unübersichtlich und überfrachtet wirkt. Mich stört das weniger, die Optik und die Materialqualität sind über alle Zweifel erhaben und ich schaue doch allzu gerne auf die schönen bunten Würfel. Diese kommen zum Einsatz, um eine der vielen Aktionen auszulösen. Oftmals lege ich die Würfel auf die Aktionsfelder, obwohl doch eines meiner drei Männchen dorthin gehören sollte. Einige Felder darf man nur mit der entsprechenden Augenzahl einsetzen, andere nur bei einer bestimmten Würfelfarbe und eines der Plättchen für den Ausbau meiner Residenz erhalte ich nach Abgabe von Würfeln, deren Augensumme die angezeigten Kosten zeigen.
Aber nicht nur hohe Augenzahlen sind gewünscht. Mit der „2“ besuche ich die Tänzerin, die mir nicht nur zwei neue Würfel beschert, sondern noch eine besondere Überraschung in Form eines Plättchens. Oder mit einer „1“ bis „3“ fahre ich mit meinem Schiffchen den Ganges entlang und sacke Boni ein. Zum Beispiel kann ich dort Karma-Punkte sammeln, die ich einsetzten kann, um bei ungünstigen Würfelaugen einen Würfel einfach umzudrehen.
Aber wozu das Ganze? Ziel ist es, dass sich die Marker der Geld- und Ruhmespunkteleiste kreuzen. Das gefällt mir – keine Punkterechnerei am Ende. Die gegenläufigen „Brandleisten“ erlösen mich und meinen Taschenrechner. Während mir meine Ruhmespunkte nicht mehr genommen werden können, oszilliert der Geldmarker ständig. Angenehm flott gehen die Züge von sich und ich beobachte meine Mitspieler. Keiner langweilt sich, alle sind dabei. Gut, nach Indien fühlt sich keiner versetzt. Euros in Indien sind dann doch etwas viel verlangt. Die Interaktion untereinander beschränkt sich auf das Wegnehmen von Feldern, Plättchen und des Startspielers.
Ein Vergleich mit MARCO POLO drängt sich aufgrund des Würfelmechanismus auf, doch dort werden tatsächlich die Würfel eingesetzt und ich habe das Gefühl, sehr viel mehr Optionen zu haben. RAJAS OF THE GANGES erreicht für mich nicht die hohe Hürde von MARCO POLO. Als ich in Indien war und einen Freund dort besuchte, beschrieb er mir, dass er sich in dieses Land verliebt habe. Dies ging mir nicht so. Weder in Indien, noch in dieses Spiel. Es ist gut und gefällt, aber keiner meiner zahlreichen Mitspieler hatte danach leuchtende Augen oder sprach von einem Top-Titel. Es vermixt letzten Endes doch nur Bekanntes zu einem gut verdaulichen Gewürztee, der mir allerdings mit den richtigen Mitspielern gesüßt, sehr gut schmeckt.