INSEL-EXPRESS – Solistischer Einzelplatz oder gemeinschaftlich im Abteilwagen?

Steph: Hallo Mel! Na, ist dein Zug blitzblank geputzt und bereit zum losfahren?

Mel: Die Waren und Passagiere sind geladen und startklar.

Steph: Perfekt. INSEL EXPRESS ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Es kommt in einer sehr kleinen Packung daher und verspricht ein kleiner großer Engingebuilder zu sein. Wie würdest du es spielerisch kurz zusammenfassen?

Mel: Wir bauen unseren Zug immer länger, indem wir vor uns Waggonkarten anlegen, die bestimmte Fähigkeiten und Lagerkapazitäten für Waren und Passagiere besitzen. Die Karten spielen wir aus, indem wir mit den anderen Handkarten bezahlen. Dann wird es kniffelig und man muss gut abwägen. Es gibt nämlich ein Handkartenlimit. In der Mitte liegen Aufträge aus und das Besondere ist, dass wir auch die Waggons der Mitspielenden nutzen können.

Steph: Da hake ich gleich mal ein. Die Aufträge in der Mitte bilden eine wunderschöne Landschaft mit Streckenverbindungen, aber leider haben diese keinerlei spielerische Bedeutung. Da blendet INSEL EXPRESS mehr und bei mir kam wenig Zuggefühl auf. Weißt du, was ich meine?

   
Mel: Ich bin eh kein Zugspiel-Fan, deswegen habe ich da gar nichts gewartet. Aber du hast Recht – eigentlich steht der Zug mehr am Abstellgleis, als dass er abfährt. In der Theorie liefern wir schon die Waren und Passagiere ab, aber ich weiß, was du meinst. 

Steph: Ungewöhnlich finde ich das Konzept, dass ich eine Engine aufbaue, die weniger mir nützt, sondern ich versuche meinen Mitspielenden Angebote zu machen. Also lege ich Zugkarten aus, die von anderen genutzt werden. Auch dieser prinzipiell interessante Aspekt funktionierte bei mir nicht. Es geht mit einem Kontrollverlust einher und es muss glücklich verlaufen, dass die Wagenkarten gut zueinander passen. Oft kam es nicht so richtig zum Laufen.

Mel: Das Konzept fand ich auch sehr spannend. Und es hat mir auf Anhieb gut gefallen, aber habe in meinen Mehrpersonenpartien immer verloren. Das hat mich aber mehr angespornt und den Reiz erhöht. Ich habe mich mehr damit beschäftigt und ein Gefühl gewonnen, wann man am besten umschwenkt von Personen auf Waren. Man kann dann schon gut taktieren. 

Steph: Meine Erfahrung war, dass es immer Mitspielende gab, die recht schnell vorne weggelaufen sind. Irgendwie war es dann schon klar – ne, das wird nix mehr. Und dann hat es sich hingezogen. 

Mel: Ich habe mich auch einmal verbaut und kam an mein Zugkraft-Limit. Dann hatte ich Karten-Pech und einfach keine Lok mehr gezogen, die mich aus dieser Situation herausgebracht hätte. Da kam dann schon etwas Ärger in mir auf. 

Steph: Das ist schon so eins meiner Probleme. Und wir reden hier nicht von einem kleinen 60-Minuten-Spiel. Da würde ich einen hohen Glücksanteil mehr verzeihen. 

Mel: Ja, eine Partie kann im Extremfall schon zwei Stunden dauern. Da darf man sich von der kleinen Box nicht täuschen lassen. Trotzdem habe ich das Gefühl, mir hat das Spiel besser gefallen als dir. Ich habe mich motiviert und herausgefordert gefühlt. 

Steph: Da hast du wohl recht. In meinen Runden kam es tatsächlich weniger gut an. Ich bin aber sehr neugierig, welche Solo-Erfahrungen du gemacht hast. 

Mel: Ich habe schon im Vorfeld gehört, dass es gerade unter Solospielenden sehr beliebt ist. Da gibt es zwei Modi: einmal den eigenen Highscore verbessern – da gibt es so eine Tabelle im Anleitungsheft…

Steph: Ach stimmt ja, die Anleitung – boah, ich habe da dreimal ansetzen müssen, bis ich das verstanden hatte. Das fand ich nicht so intuitiv geschrieben. Das war schon kein guter Start.

Mel: Mir wurde es ja auf der Spiel erklärt, da kam ich schon gut rein. In meinen Solo-Partien habe ich mich zunächst auf den ersten Modus konzentriert und bin auf Punktejagd gegangen, um endlich auch mal ein Erfolgserlebnis zu haben, nach den ganzen verlorenen Spielen. Und das hat geklappt.

Steph: Wie funktioniert das denn überhaupt, wenn man gar keine anderen Personen hat, die die Waggons zum Mitbenutzen hinlegen?

Mel: Im Solospiel bekommt man die Belohnungen seiner eigenen Waggons. Das Spiel endet dann, wenn der Nachziehstapel leer ist. Es gibt aber einen Kniff, um das Spiel ein wenig zu verlängern: mit 3 Siegpunktmarkern kann man eine Karte vom Ablagestapel zurück ins Spiel bringen. Ich habe dann viel Wert darauf gelegt, Kettenzüge zu …

Steph: hehe, Kettenzüge…

Mel: … bilden, um Runden zu sparen. Manchmal braucht man ja bis zu acht Karten für einen Waggon, obwohl man nur fünf Karten haben darf. Mit einer Extraaktion schafft man das dann aber und dann fühlt sich das Spiel auch belohnend an. 

Steph: Klingt fast so, als hätten wir hier ein anderes Spiel? 

Mel: Dadurch, dass ich im Solospiel jetzt so erfahren bin, kann ich natürlich dieses Wissen auch im Mehrpersonenspiel nutzen. 

Steph: Ich meinte alleine dadurch, dass ich die Belohnungen selber bekomme. Das ist ja genau meine Kritik, dass ich mich auf die anderen einstellen muss, ohne zu wissen, was die eigentlich wollen könnten. 

Mel: Die haben das zu wollen, was ich ihnen hinlege.

Steph: Ah, selbstverständlich. 😉

Mel: Kommen wir noch zum zweiten Modus: das Herzstück des Solospiels – die Missionen. Leider nur zehn, aber ich habe jetzt schon Sorge, was ich mache, wenn ich damit durch bin. Da kommt es dann gar nicht auf die Punkte an, sondern bestimmte Bedingungen zu erfüllen.

Steph: Sag doch mal ein Beispiel.

Mel: Die vierte Misson heißt: Baue mindestens 13 Wagen an deinen Insel-Express. Oder die Mission 5: an fünf Orten alle Passagiere abzuliefern. Das Interessante ist, dass sich die Missionen so unterschiedlich spielen und ich in andere Richtungen denken muss. Da holt das Spiel sehr viel aus seiner Mechanik raus. 

Steph: Ich wiederhole mich: es klingt wirklich so, als spielen wir da ein anderes Spiel.

Mel: Ich hänge gerade an der verflixten Mission 7. Ich habe auch schon Discord-Hilfe gesucht, aber das scheint bei vielen eine Hängepartie zu sein. Also, bitte meldet euch, wenn ihr dafür Tipps hättet – man muss 50 Punkte durch Gebäude erzielen.

Steph: Darf man nicht nur ein Gebäude haben?

Mel: Das ist dann für diese Partie aufgehoben. Du siehst, es wird hier wirklich viel variiert. 

Steph: Ich merke, vielleicht muss ich dem ganzen nochmal eine Chance geben. 

Mel: Das kannst du auch gut tun, denn auf Boardgamearena kann man das Mehrpersonen-Spiel spielen. Wenn du magst, da könntest du auch mal gegen mich gewinnen. 🙂

Steph: Versprochen?

Mel: Vielleicht mit meinem Training jetzt nicht mehr.