DISNEY LORCANA – THE HYPE IS REAL?

Auf der GenCon 2023 bildeten sich absurd lange Schlangen vor dem Ravensburger Stand. Der Grund: es wurde erstmalig LORCANA ans Publikum verkauft. Das Besondere: DISNEY hat es gestattet, seine Lizenz für ein Sammelkartenspiel zu verwenden. Und es ist groß angelegt. Donald, Mickey, Arielle, Aladdin und alle möglichen Helden und Bösewichte dürfen herhalten und versprechen einen riesigen Erfolg, sprich Geld. Und wenn man die Warteschlangen richtig deutet vermutlich mit Recht.

Auf der BerlinCon wurden mir bereits zwei Starterdecks zur Verfügung gestellt. Daheim wanderte es direkt in meinen „Zu-Spielen“-Schrank. Wie auf der GenCon strahlte LORCANA auf meine Mitspielerinnen und Mitspieler eine erstaunliche Faszination aus und da mich beim Spielen viele unterschiedliche Menschen begleiten, landete LORCANA bereits sehr häufig auf meinem Tisch.

Um Aladdin ins Spiel zu bringen, muss ich zuerst drei Tinte angesammelt haben (links). Das ist einfach die Rückseite der Karten. Dafür verzichte im weiteren Verlauf auf die Effekte auf der Vorderseite.

Mechanisch drängt sich der Vergleich mit MAGIC – THE GATHERING oder ähnlichen Sammelkartenspielen auf. Wir können vorab Deckbau betreiben und es gibt unterschiedliche Farben, die für verschiedene Stile stehen. Anstelle von Mana gibt es Tinte, die getappt – nein, geschützter Begriff – erschöpft wird, um Figuren, Gegenstände oder Aktionen in Form von Karten ins Spiel zu bringen. Mir gefällt sehr gut, dass Tintengeneratoren die normalen Karten sind, also keine Länder oder ähnliches notwendig sind. Für Tinte spiele ich einfach eine Karte aus meiner Hand aus, drehe sie auf die Rückseite und deklariere sie damit als Tinte. Eine feine Idee: man erinnert sich an die nervigen Spielzüge bei MAGIC, wenn man nur ein Land zieht.

Schaden bleibt auf den Figuren liegen, weswegen man mit Markern arbeiten muss, um diesen anzuzeigen.

Ansonsten ist viel altbekannt, Figuren werden ausgespielt und haben Angriff- und Verteidigungswerte. Gegenstände verbleiben wie Artefakte im Spiel und geben andauernde Effekte. Aktionen werden wie Zauber einmalig ausgelöst. Es gibt auch Lieder als Aktionen, was ich thematisch sehr stark finde. So trällert Scar „Sei hier Gast!“ oder Cinderella „Hakuna Matata“. Herrlich, wenn man sich die Szenerie vorstellt und an dieser Stelle strahlt LORCANA. Leider kann man dies nicht vom Hauptkern sagen, nämlich die Art zu gewinnen. Figuren können auf Erkundungsreise gehen und Legendenpunkte sammeln. Wer zuerst 20 Legendenpunkte erreicht hat, gewinnt. Lebenspunkte haben die Spielenden selber nicht und beliebig angreifen kann man auch nicht. Erst wenn eine Figur erschöpft wurde, kann sie attackiert werden. Der Endstand meiner Partien belief sich fast immer auf „20 zu 3“ oder ähnliche Punktestände. Es ist nachvollziehbar, dass die Autoren angesichts der Zielgruppe etwas an Konfrontation rausnehmen wollten, aber leider verliefen meine Partien dadurch immer recht spannungsarm. Einfluss hatte man gefühlt wenig, wenn erstmal jemand mit dem Legendensammeln anfängt. Während ich bei MAGIC immer das Gefühl habe, dass die nächste Karte vielleicht den Spieß noch umdrehen kann, war hier recht schnell die Sache gegessen, aber man musste noch zusehen, wie der Andere jede Runde ein paar Legendenpunkte mehr ansammelt.


Insgesamt ist auf Grundlage der mir zur Verfügung gestellten Starterdecks ein recht gewöhnliches Spielerlebnis entstanden, das mechanisch keine emotionalen Höhepunkte generiert und nur durch die bekannten Disneycharaktere belebt wird. Ich denke, man hätte sich durchaus mehr trauen dürfen und das Konzept von Sammelkartenspielen grundsätzlich neu überdenken können. Ausnahmslos verließen meine zuvor euphorischen Mitspielenden den Tisch mit einem Achselzucken. Eine Warteschlange rechtfertigt das Konzept alleine jedenfalls nicht.