MY LIL EVERDELL – NIEDLICH REICHT NICHT

Vollends überzeugen konnte mich EVERDELL nie (https://www.krimimaster.de/2021/03/22/everdell-fabelhafte-fabel-in-knallharter-wirtschaftswelt/). Auch mit der neuen Erweiterung NEAWLEAF kann ich die überschwängliche Begeisterung mancher Mitmenschen nur schwer nachvollziehen. Die Erweiterung korrigiert zwar die notwendige Kartenabhängigkeit, um manche Kreaturen kostenlos auszuspielen, macht das Spiel aber noch länger. In der neuen, eigenständigen Auskopplung MY LIL´ EVERDELL sollen nun explizit Familien von den niedlichen Tieren angesprochen werden.

Optisch ist MY LIL´ EVERDELL wie sein Vorgänger ein echter Hingucker. Die Grafik ist ansprechend und die Spielkomponenten wie Beeren-, Holz- und Harz-Token entzückend. Und man ist den störenden Baum losgeworden, der an Unübersichtlichkeit kaum zu überbieten ist. Gut so! Mechanisch spielen wir ein recht standardmäßiges Arbeitereinsetzspiel und platzieren über die Jahreszeiten hinweg viermal unsere drei Tiere, die Rohstoffe sammeln und diese tauschen wir gegen Karten aus. Gähn! Dies führt zu einer recht niedrigen Spannungskurve, sodass MY LIL´ EVERDELL bis auf die Optik blass bleibt. Auch einige größere und kleinere handwerkliche Mängel sind vorhanden. In der Anleitung steht zum Beispiel, „Hast du 1 deiner Tiere auf dem Spielplan eingesetzt, darfst du 1 Karte aus der Auslage ausspielen“. Dies würde bedeuten, dass man keine Karte ausspielen darf, wenn man ein Tier auf einer eigenen Karte einsetzt, was wohl kaum gemeint sein kann. Die Punkteressourcen quellen in den kleinen Aufbewahrungsschächtelchen über und es gibt einen klaren Vorteil für die Person, die das Spiel beginnen darf. Sie darf aus acht Karten aussuchen und wer an Position 4 sitzt, findet dann oft ein von guten Optionen leergefegtes Feld vor.

In einer Partie war in der ersten Runde auf dem Spielplan für die vierte Person nur noch die Möglichkeit offen, einen Rohstoff zu erhalten, sodass sie keine Karte ausspielen konnte, was schon sehr bitter für die gesamte Partie ist. Im 2-Personen-Spiel unterscheiden sich die erreichenden Ziele nur um einen Punkt, was das Rennen darum uninteressant macht. Hier hätten einige Punkteplättchen aussortiert werden sollen.

Insgesamt kann MY LIL´ EVERDELL wie auch schon der Vorgänger mein Herz nicht erobern. Wenn man es so sieht, ist die Übersetzung von Kenner auf Familie für diejenigen, die EVERDELL mochten, vielleicht ja doch gelungen.