Es war einmal ein DISNEY-Bösewicht in einem märchenhaften Zeichentrickfilm. Dieser Bösewicht hatte es nicht einfach, denn seine teuflischen Pläne scheiterten an einem glorreichen Helden, der sich ihm in den Weg stellte. Nach seiner Niederlage musste der Bösewicht feststellen, dass sein Schicksal bereits im Vorfeld besiegelt war, denn als DISNEY-Schurke hat man schlechte Karten. Zeit also, den Spieß umzudrehen und sich gute Karten zu geben. Genau dies machen wir in DISNEYS VILLAINOUS und verkörpern einen der ikonischen Antagonisten: Käpt´n Hook, Aladins Widersacher Dschafar, Malefiz, Robin Hoods Gegenspieler Prinz John, die Herzkönigin oder die Meerhexe Ursula.
VILLAINOUS ist ein asymmetrisches Kartenspiel, in dem jeder Spielende seine eigene Agenda hat. Die Meerhexe Ursula möchte den Dreizack und die Krone in ihrer Höhle haben, Käpt´n Hook will Peter Pan auf der Jolly Rogers besiegen und Prinz John sehnt sich nach Reichtümern. Jeder Spielende hat dabei ein eigenes Kartendeck mit positiven Effekten und ein Schicksalsdeck, aus dem die anderen Spielenden ziehen können. Bin ich am Zug, bewege ich meine Spielfigur auf einen anderen Ort auf meiner Spielertafel und führe die dortigen Aktionen aus, wie z.B. Karteneffekte nutzen, Helden besiegen oder vom Schicksalsdeck eines Gegners Karten ziehen und diese gegen ihn ausspielen.
Das Spielmaterial von VILLAINOUS hat herausragende Qualität: die Spielfiguren sind große abstrakte Verkörperungen der Bösewichte und die graphische Gestaltung der Kartendecks verdient besondere Anerkennung. Jede Karte kann mit den Filmen in Verbindung gebracht werden und zeigt eine Szene oder eine Zeichentrickfigur, die für das Brettspiel graphisch nochmal aufpoliert wurde. Damit enden jedoch für mich leider schon die positiven Elemente des Spiels. Eine Erstpartie beginnt schon etwas holprig, denn die individuellen Kartendecks und die eigene Siegbedingungen jedes Charakters können etwas überfordern. Aus diesem Grund gibt es ein Bösewicht-Handbuch für jeden Spielenden, der die speziellen Fähigkeiten und Bedingungen erklärt. So toll ich es finde, dass jeder Charakter seine eigene Agenda hat und diese sogar im Einklang mit den Filmen steht, desto problematischer gestaltet sich die spielerische Umsetzung. Jedes Kartendeck spielt sich für sich nämlich immer gleich. Es gibt keine Varianten oder alternativen Strategien. Selbst wenn zwei oder mehrere Bösewichte gegeneinander antreten, spielen doch alle für sich und es gibt keine spezielle Interaktion der Decks untereinander. Außerdem können die einzelnen Siegbedingungen sehr vom Zufall abhängen. Liegt etwa Peter Pan direkt auf dem Stapel des Schicksalsdecks, hat Käpt´n Hook schon den ersten Teil seines Plans direkt geschafft. Wir hatten eine Partie, die aufgrund dessen bereits nach unter 20 Minuten beendet war. Der viel wahrscheinlichere Fall ist jedoch das Gegenteil. Stehe ich kurz davor, meine Siegbedingungen zu erfüllen, stürzen sich meine Mitspielenden auf mich und spielen von meinem Schicksalsdeck Karten auf mich, die mich zurückwerfen. Irgendwann bürgte es sich ein, dass wir laut ansagten, wie lange es noch dauert, bis man gewonnen hat. Die Übersicht über die Anderen geht nämlich sehr schnell verloren. Nachdem ich dann zum dritten Mal kurz vor dem Spielsieg wieder um mehrere Runde nach hinten geworfen wurde, verließ mich gänzlich die Lust am Spiel. Anders als in den DISNEY Zeichentrickfilmen sehnte ich bei VILLAINOUS das Ende herbei, egal wer dann gewonnen hat.
VILLAINOUS ist daher leider kein gutes Spiel geworden. Besonders schade ist dies, weil VILLAINOUS aufgrund des DISNEY-Themas eine besondere Anziehungskraft auf Wenigspielende ausübt und ich häufig nach diesem Spiel gefragt wurde. Meine Partien bestanden aus ständigen Verzögerungen des Spielendes oder plötzlichen Kartenglücks. Meine Vermutung: der wahre Bösewicht saß hier am Entwicklertisch.