DORFROMANTIK – SCHAFFE ICH ES, EINE IDYLLISCHE LANDSCHAFT ZU ERSCHAFFEN?

Kerzenlicht, eine sinnliche Melodie und Rotwein – so sieht ein romantischer Abend aus. Ich gebe zu, ich selber zähle mich weniger zu den Romantikern und würde helles Licht, musiklose Stille und ein Brettspiel auf dem Tisch bevorzugen. Der Name DORFROMANTIK erweckt daher den Skeptiker in mir.

DORFROMANTIK ist auf dem PC geboren, war dort sehr erfolgreich und gewann u. a. den Deutschen Computerspielpreis 2021 in der Kategorie Bestes Gamedesign. Zu Klängen aus der Natur und ruhiger Musik entsteht Stück um Stück eine idyllische Landschaft. Aufträge geben vor, wie viele Plättchen mit einem gewissen Merkmal aneinandergrenzen sollen. Bei Erfolg werden weitere Plättchen freigeschaltet und das Dorf wächst und gedeiht. Schon diese Version war im Herzen ein Brettspiel, sodass die Umsetzung aufs Analoge wenig überraschte.

Der Auftrag: ein Wald über 5 Plättchen, wird gleich erfüllt. Das Dorf an der Seite muss nicht passen.

Das Konzept wurde quasi übernommen. Drei Aufgaben liegen immer aus und wir versuchen diese kooperativ zu erfüllen. Zum Beispiel ist eine Waldfläche aus fünf Plättchen gefordert. In meinem Zug ziehe ich ein Plättchen und lege es an. Dabei habe ich viele Freiheiten – nur Zugschienen und Flüsse müssen zusammenpassen. Sind alle Plättchen verbaut, werden die Punkte aus Aufträgen und besonderen Plättchen zusammengerechnet. Je mehr, desto besser, denn es gibt Belohnungen. Fünf verschlossene Packungen sorgen dafür, dass neue Plättchen hinzukommen.

DORFROMANTIK ist wahrlich nicht innovativ. Aber das Konzept des Plättchenlegens wurde hier gekonnt heruntergebrochen. Auf meditativer Ebene funktioniert DORFROMANTIK hervorragend. Voll im Flow erfüllt man Aufgabe um Aufgabe und vor den Spielenden entsteht meist eine wunderschöne Dorflandschaft. Viele unterschiedliche Arten von Menschen werden dadurch angesprochen und vor dem Spieltisch vereint. Es fehlen mir allerdings emotionale Höhepunkte. Es gibt nur wenige Momente, in denen wir uns voller Freude abklatschten. Was nicht gelingt, wird schon in der nächsten Partie klappen. Durch die Zugabe weiterer Plättchen ist der Erfolg vorprogrammiert. Mehr Punkte kommen nicht zwangsläufig durch eine bessere Spielleistung zustande, sondern einfach nur, weil die Grundmenge an Plättchen erhöht wurde. Dies ist allerdings auch eine Stärke, denn dadurch haben Personen unterschiedlicher Spielerfahrung das Gefühl besser zu werden. Ein geschickter Kniff.

Hoffnungsvolle Boxen.

Das Versprechen neuer Spielelemente motiviert. Allerdings waren bei uns alle Boxen schon nach wenigen Partien geöffnet, auch wenn man sich nicht alle Inhalte daraus freigespielt hatte. Dafür wurde es neben dem Spielfeld etwas unübersichtlich, da viele verschiedene Aufgabenkarten neben Spielregelkarten aneinandergereiht wurden. Der Punktesalat am Ende wird immer umfangreicher, ist aber noch gut zu überblicken.
Mein größter Kritikpunkt an DORFROMANTIK ist, dass die zusätzlichen Inhalte das Spielprinzip zu wenig variieren. Dadurch fühlen sich die einzelnen Partien trotz neuer Plättchen recht gleich an.
Das Problem zahlreicher kooperativer Spiele, nämlich dass eine Person den Tisch dominiert, trat bei mir nicht auf. Dafür bot das Spielfeld einfach zu viele Optionen.

Ästhetik wird in DORFROMANTIK nicht belohnt. Ab und zu sieht das Spielfeld am Ende total chaotisch aus, weil die Aufträge es so vorgaben. Die letzten Plättchen werden manchmal einfach nur noch punktelos irgendwo angelegt. Trotzdem erweckt es in manchen Menschen romantische Gefühle, wenn sie nach getaner Arbeit über Wiesen und Wälder und einen sich durchschlängelnden Fluss blicken. Ich kann nicht erkennen, wo in DORFROMANTIK die Romantik steckt. Aber, wie ich oben schon sagte, auf dem romantischen Auge bin ich blind.